Lars Levi Laestadius
(1800 - 1861)
Am 10. Januar des
Jahres 1800 wurde in einer ärmlichen Hütte in Arjeplog im schwedischen Lappland
in der Familie eines Neusiedlers und seiner pietistisch gesinnten Frau Kind
geboren. Es wurde getauft und Lars Levi erbte vom Vater den Namen des alten
Pfarrergeschlechtes Laestadius. Mit der Unterstützung eines Verwandten hatte
der junge Lars Levi die seltene Gelegenheit, in die Schule nach der
Bischofstadt Härnosand zu gehen. Er wurde mit 25 Jahren Pfarrer. Laestadius wurde
auch später außerhalb der Grenzen Schwedens als hervorragender Botaniker und
Kenner der lappischen Flora berühmt.
Die Arbeit des
Pfarrers fing in Karesuvanto, in der nördlichsten Gemeinde Schwedens an. Da sah
er die ungeheure Aufgabe unter dem Lappenvolk, das von dem aus Süden
eingeschmuggelten Branntweine gefesselt war. Die Lappen kamen nicht oft zur
Kirche - teilweise wegen der langen
Abstände - und als sie kamen, wurden sie von den Branntweinhändlern am
freundlichsten aufgenommen. Man kann kaum schildern, welch ein Elend und welche
Armut durch den Branntwein in Lappland entstanden war. Nach Erzählungen wurde
Laestadius tief von einem Anblick beeindruckt, als er eine Lappenhütte
besuchte: eine betrunkene Frau lag neben ihres toten Kindes, das offenbar verhungert
war. Und ähnliche Fälle, wo Kinder wegen des Trinkens der Ältern Hungersnod
litten, waren nahezu Regel in der Gemeinde. Unehrlichkeit, wie
Renntierdiebstahl, Wuchterei, Unzucht und andere Sünden herrschten in der
Gegend.
Laestadius, der
selbst erweckt war, fing an, gegen diese Laster zu predigen; durch sein
Aufwachsen in Lappland beherrschte er außer dem Schwedischen auch das Finnische
und Lappische. Er kannte auch die Denkweise eines einfachen Einwohners -
und er predigte so, daß er auch verstanden wurde. Doch, sagte er später
selbst, er kannte noch nicht den mit Dornen gekrönten König Zions.
Eine schwere
Krankheit rief in ihm die Todesfurcht hervor. Durch zwei Jahre hindurch suchte
er einen Ausweg aus seiner Not, bis eine einfache Lappin Maria, im Jahre 1844,
vermutlich den sgn. Lesern beeinflußt, ihm die versöhnende Liebe Gottes in
Christus erklärte und von ihren eigenen Erfahrungen über die Gnadenordnung
erzählte. So erlangte Laestadius die Klarheit und den Frieden und jetzt bekamen
seine Predigten einen neuen Inhalt. Die Folgen waren zu sehen. Es entstand eine
Empörung unter den Lappen, als der erste durch Laestadius bekehrte Händler in
Karesuvanto seinen Branntwein hinweggoß. Schonungslos zeigte der Pfarrer die
Sünden seinen Zuhörern, unter denen eine
Furcht vor der ewigen Verdammnis entstand. Einige sogar saßen auf dem
Boden der Kirche und weinten. Sie bekannten laut ihre Sünden. Die Sorge
verwandelte sich jedoch zum Lobgesang, wenn die bereuenden Zuhörer von ihrer
Rettung in Jesus Christus überzeugt wurden.
Es zeigte sich,
daß die Bewegung nicht nur gefühlsmässig war; in der Tat verschwand der
Gebrauch des Branntweins nahezu völlig aus der Gemeinde. Diebstähle und andere
Sünden wurden in großen Maßen bekannt und vergeben. Als Laestadius im Jahre
1849 in die 200 km südlicher liegende Gemeinde Pajala kam, breitete die
Bewegung sich mit ihm aus. Neben der geistlichen Wirkung war die soziale
Veränderung enorm. Große Gebiete, ganze Dörfer bekamen neue Lebensbedingungen,
weil “der Branntweinteufel” nicht mehr Bedrängnis und Not verursachte.
Laestadius starb im Jahre 1861, aber als Folge seiner Arbeit entstandene
Bewegung, die innerhalb der evangelischen Kirche wirkt, verbreitete sich schon
am Ende des 19. Jahrhunderts nach Finnland, Norwegen, Nord-Amerika und auch
nach Ingermanland, und bekam später den Namen der Laestadianismus. Ein großer
Teil der Predigten von Laestadius, die er aufschrieb, wurden in das Finnische,
Schwedische, Norwegische und Englische übersetzt, und werden noch heute bei
vielen Zusammenkünften der Laestadianern vorgelesen.
Die
Botschaft der Predigten ist immer noch aktuell: der Mensch ist nicht
fähig, durch die eigenen Werke seine Rettung beizutragen, aber der gekreuzigte
und dorngekrönte König schaut gnadevoll zu denjenigen, die über ihre Sünden
betrübt sind. Als Folge des Glaubens treten auch die Früchte -
die guten Werke - hervor. Scharf schneidet Laestadius auch die
Flügel der eigenen Gerechtigkeit und andererseits des Glaubens eines
Unbußfertigen.
Ein Begriff, das
häufig in den Predigten von Laestadius vorkommt, muß separat genannt werden:
die Selbstgerechtigkeit. Im Deutschen und Finnischen bedeutet ja gewöhlich
dieses Wort, daß ich von meiner eigenen Vortrefflichkeit so überzeugt bin, daß
ich auf andere mit Verachtung herabblicke. Selbstgerecht ist in diesem Sinne
die Haltung des Pharisäers gegenüber dem Zöllner (vgl. Luk. 18,9-14). In diesen
Predigten wird dieser Begriff einiges erweitert: so wie die Selbstgerechtigkeit
den Menschen erhöhen kann, so kann sie ihn auch zur falschen Wertlosigkeit
erniedrigen, daß der Bereuende sich nicht die Gnade Gottes anzueignen wagt.
Dies ist ja die Erfahrung mancher Christen, die durch eine wahre Reue zum
Glauben gekommen sind.
“Gnadendiebe”
werden oft von Laestadius getadelt; entweder eignet sich der Gnadendieb die
Gnade Gottes mit einem unbußfertigen Herzen an, oder er will die Gnade Gottes
mit eigenen Werken bezahlen. Gerechtigkeit des Glaubens ist immer der Kern
seiner Predigten, obwohl auch sichtbare Früchte des Glaubens verlangt werden.