Am fünften
Sonntag nach dem Sonntag der Heiligen Drei Könige
Die Ernte ist
groß, der Arbeiter aber sind wenige. Darum bittet den Herrn der Ernte, da er
Arbeiter aussende in seine Ernte. Luk. 10,2
Da der Herr Jesus
durch den Acker des Herrn ging, und dieser voller Unkraut war, sah er deutlich,
wie wenig ein einziger Arbeiter auf dem Acker ausrichten konnte, der so lang
und breit ist, daß kein Mensch dessen Grenzen erblicken kann. Dieser Acker
wurde jedoch schon vorher von Propheten gepflügt und bearbeitet, aber während
der Zeit des Heilands hatte das Unkraut nahezu überhand genommen. Johannes der
Täufer versuchte das Unkraut zu jäten, aber er konnte nicht mehr, als den Weg
des Herrn durch den großen Acker zu bereiten, der voller Dornbüsche war. Es ist
also kein Wunder, daß der Herr, da er diesen von Johannes dem Täufer
vorbreiteten Weg durch den Acker ging, es als ein großes Verbrechen
betrachtete, daß das Bebauen des Feldes
so versäumt, der Boden so schlecht gepflegt und nahezu voller Unkraut war.
Deswegen sagte er seinen Jüngern: “Die Ernte ist groß, der Arbeiter aber sind
wenige. Darum bittet den Herrn der Ernte, da er Arbeiter aussende in seine
Ernte.”
Zweifellos dürfte
es an den Bauern liegen, daß der Acker voller Unkraut und Disteln ist. Denn
obgleich die Erde hart und schwer zu bearbeiten ist, so hat man doch gesehen,
daß einem fleißigen Arbeiter die Mühe belohnt wird. Im Gelobten Land war die
Erde zwar fruchtbarer als hier im kalten Norden, wo die Sonne nie so hoch am
Himmel steht wie in Israel. Außerdem ist der himmlische Tau hier im Norden,
verglichen mit dem Land Kanaan, ganz gering. Ein fleißiger Arbeiter konnte in
der Heimat Jesu dreißigfältig von einer schlechten Erde und sechzigfältig von
einer besseren und sogar hundertfältig von der besten Erde sammeln, aber hier
im kalten Nordland lobt der Bauer schon Gott, wenn er das achte oder neunte
Korn vom besten Ackerland bekommt. Häufig muß er mit dem vierten oder fünften
Korn zufrieden sein. Manchmal bekommt er sogar nichts von seinem Acker. Die Erde
ist so hart, daß sie nicht Frucht bringen kann; oder der Same ist so
untauglich, daß er nicht aufkeimt. Außerdem friert der Boden manchmal bei der
Nachtkälte und der Bauer erntet am Ende nur langes Stroh statt des Kornes und
dessen Kern. Höre, du mächtiger Herr der Samen, das Gebet der armen Bauern,
weil sie zu Dir seufzen und sagen: Vater unser, der du bist im Himmel.
Evangelium:
Matth. 13, 24-30
(24) Er legte
ihnen ein anderes Gleichnis vor und sprach: “Das Himmelreich gleicht einem
Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte. (25) Als aber die Leute
schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen und ging davon.
(26) Als nun die Saat wuchs und Frucht brachte, da fand sich auch das Unkraut.
(27) Da traten die Knechte zu dem Hausvater und sprachen: “Herr, hast du nicht
guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher hat er denn das Unkraut?” (28) Er
sprach zu ihnen: “Das hat ein Feind getan.” Da sprachen die Knechte: “Willst du
denn, da wir hingehen und es ausjäten?” (29) Er sprach: “Nein! damit ihr nicht
zugleich den Weizen mit ausrauft, wenn ihr das Unkraut ausjätet. (30) Laßt
beides miteinander wachsen bis zur Ernte; und um die Erntezeit will ich zu den
Schnittern sagen: ‘Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, damit
man es verbrenne; aber den Weizen sammelt mir in meine Scheune.’”
Der Apostel
Petrus säte am Pfingstag und konnte mehr als hundertfältig ernten. Er hatte
aber auch ausgezeichneten Samen. Wir müssen uns zusätzlich daran erinnern, daß
andere Arbeiter schon vor ihm seinen Acker bearbeitet hatten. Unser Heiland
bezeugt, daß andere schon vor euch dort gewirkt haben, so daß ihr ernten könnt.
Aber vieles ist abhängig davon, wie die Samen sind, denn wenn der Sämann
schlechte Samen hat, kann er nicht auf eine reiche Ernte hoffen. Einige
Ackerbauer sind so unbekümmert, daß sie das Saatkorn nicht säubern, sondern sie
streuen es so unrein auf den Acker wie ungesiebten Samen. Solche Sämänner säen
selber Unkraut auf ihren Acker. Ist es da ein Wunder, daß ihr Acker voller
Unkraut ist? Jemand, der den Samen von anderswo kauft, kann nie vom Ausgang der
Ernte überzeugt sein, wenn er nicht zuerst die Samen im eigenen Herzen
aufkeimen läßt. Am besten wäre es jedoch, wenn der Ackersmann die Samen vom
eigenen Feld bekommen könnte, der gereinigt und frei vom Unkraut sein sollte.
Sonst gibt es keinen Acker, der völlig frei vom Unkraut wäre. Dies hat man
schon während des apostolischen Zeitalters gesehen. Wie rein und frei von
Unkrautsamen der Same auch wäre, so können die Unkrautsamen doch auch andere
Wege nehmen: das Wetter und der Wind der Welt können Unkrautsamen auf den Acker
des Herrn bringen. So kann es mit den Distelsamen geschehen, die ganz leicht
sind; sie folgen Wetter und Wind dieser Welt. Aber selbst wenn es keinen Wind
in der Welt gäbe, so kann der Feind auf dem Acker des Herrn dann Unkraut sähen,
wenn die Menschen schlafen. Wir lesen im heutigen Evangelium, daß, wenn die
Leute schlafen, siehe, dann erhält der Feind die Möglichkeit, Unkraut auf den
Acker des Herrn zu säen. Aber warum schlafen die Leute, obwohl sie wissen, daß
der Feind wach ist? Gerade, wenn sie schlafen, wird der Feind die Gelegenheit
erhalten, Unkrautsamen auf dem Acker des Herrn zu säen. Wenn wenigstens einer
wach wäre und den Acker des Herrn beaufsichtigen würde, so könnte der Feind
dies nicht tun. Aber wenn kein einziger wach ist, was passiert dann? Ja, es
wird geschehen, daß der Feind kommt und Unkraut sät. Aber warum sind alle so
schläfrig? Seht ihr nicht, wie der Feind in der Nähe des Ackers in der Finsternis lauert? Seht ihr
nicht, daß er einen Sack voll Unkrautsamen hat? Bemerkt ihr nicht, daß er dem
Ackersmann Schaden zufügen will? Er will alle Mühe und Arbeit des Ackersmann
vereiteln. Und trotzdem schlaft ihr. Es gibt auf dem Acker keinen einzigen
Menschen, der wach bleibt. So ist es wirklich kein Wunder, daß der Acker voller
Unkraut ist, weil alle Menschen in der Betäubung der Sünde liegen und schlafen.
Wenn es doch eine Seele gäbe, die wach wäre, so mag sie diesen Acker davor
bewahren, damit der Feind nicht immer noch mehr Unkraut säen kann. Aber nicht
genug damit, daß der Acker des Herrn voll von Unkraut und Disteln ist, die der
Feind gesät hat, weil alle Leute sich dem Schlafen ergeben haben. Auch die
Samen sehen untauglich aus, obwohl der heilige Samen immer und zu allen Zeiten
rein und fruchtbringend war. Der himmlische Samen hat von sich selber her immer
Lebenskraft und Keimfähigkeit, wenn er richtig gesät wird und von allem Unkraut
gereinigt ist. Aber wenn er in falsche Hände gerät, so kann auch ein reiner
Same verderben und mit allerlei Unkrautsamen gemischt werden, die ihn
verderben. So steht im Neuen Testament, daß die Pharisäer das reine Gotteswort
mit Menschengeboten verdorben hatten. So verdarb das Papsttum dasselbe reine
Gotteswort mit Menschenlehren und konnte deshalb keine Frucht auf der Erde
bringen. Luther trennte das Unkraut von dem Weizen. Aber mit der Zeit hat man
wieder den himmlischen Samen mit dem Unkraut und mit den Menschenlehren
vermischt, und deshalb kann er nicht Frucht bringen.
Daher ist es für
den Acker des Herrn notwendig, daß der Same rein und frei vom Grassamen bleibt.
Außerdem ist es erforderlich, daß der Acker tiefer als bisher gepflügt wird,
denn die Säer von heute haben nur die Oberfläche berührt, weil sie es nicht
schafften, tiefer zu pflügen. Deshalb sagte der ungerechte Haushalter: “...
Graben kann ich nicht, auch schäme ich zu betteln.” (Luk. 16,3) Und warum
konnte er nicht graben? Weil er nicht in so schwerer Arbeit geübt war. Dem
Faulenzer ist das Graben mühsam, einem Herrn ist das Betteln mühsam. Lieber
läßt er die Schuldbriefe der Schuldner seines Herrn verfälschen und fünfzig
anstatt einhundert schreiben, bevor er beginnt, auf dem Acker des Herrn zu
graben und noch dazu diese wertvollen Samen vom Herrn der Ernte zu erbetteln,
um wenigstens einige reine Saatkörner zu bekommen, die in der großen Tenne
gereinigt und gesiebt wurden, von der Johannes der Täufer sagt: “Er wird seine
Tenne fegen und den Weizen in seine Scheune sammeln; aber die Spreu wird er
verbrennen mit unauslöschlichem Feuer.” (Matth. 3,12) Wenn irgendwo, so ist
hier der Acker des Herrn voller Unkraut und Disteln. Hier hat der Feind, ohne
sich vor einem wachen Menschen zu fürchten, sein Unkraut säen können. Hier
können sich geistliche Schweine frei auf dem Acker des Herrn wälzen; daher
sieht der Acker wie eine Schweineweide aus.
“Heute, wenn ihr
die Stimme des Herrn höret, so verstocket eure Herzen nicht.” Dies ist die
Stimme des Herrn, die im heutigen Evangelium sagt, daß der Feind, da die Leute
schliefen, Unkraut auf den Acker des Herrn streute. Wenn aber wenigstens ein
Mensch den Acker des Herrn bewacht hätte, hätte der Feind es nicht öffentlich
gewagt, Unkraut auf den Acker des Herrn zu streuen. Aber weil alle Leute
schliefen, wagte er so eine Schandtat.
Es ist Zeit, daß
die Leute endlich vom Schlaf der Sünde aufwachen; es ist Zeit für die Knechte,
den Acker des Herrn zu bewachen. Es ist besser, daß die Knechte aufwachen, als
daß sie dann später Unkraut ausjäten. So ein Ausjäten geschah zur Zeit Josuas auf
Befehl Gottes. Aber jetzt kann man das
nicht mehr machen, weil das Unkraut zu tief eingewurzelt ist. Aber wenn hier
irgendeine christliche Seele ist, die darüber trauert, daß der Acker des Herrn
voller Unkraut, daß der Weingarten des Herrn zur Erde getreten ist, daß
Dornbusch und Disteln wie Fichten im Walde stehen, so beuge er seine Knie im
Namen Jesu und bete den Herrn der Ernte an, daß er helfe und Arbeiter in seine
Ernte sende, daß er lehre, den ungerechten Haushalter den Acker des Herrn
tiefer umzugraben und einige Scheffel Weizenkörner als Samen für den Acker des
Herrn zu erbetteln, sowie auch, daß er seine Knechte wach halte, damit der
Feind nicht Unkraut auf den Acker des Herrn säe, und der Herr wenigstens einige
Weizenkörner in seiner Scheune sammeln kann. Höre, Herr, das Gebet der armen
Arbeiter, die auf diesem Acker arbeiten und auf den Regen vom Himmel warten, um
den Tau des Himmels in der Nacht seufzen und um den Schein der Sonne seiner
Gnade am Tage bitten, damit die Disteln nicht ganz den Acker des Herrn
bedecken.
Amen