Am Sonntag der
Heiligen Drei Könige
Abendpredigt im
Jahre 1852
(26) Und wer
überwindet und hält meine Werke bis ans Ende, dem will ich Macht geben über die
Heiden, (27) und er soll sie weiden mit eisernem Stabe, und die Gefäße eines
Töpfers soll er sie zerschmeißen, (28) wie auch ich Macht empfangen habe von
meinem Vater; und ich will ihm geben den Morgenstern. Offenb. 2, 26-28
An dieser Stelle
hat “der Erste und der Letzte” (Offenb. 2,8) “dem, der überwindet”,
versprochen, ihm die Macht über die Heiden zu geben. Er soll sie mit einem
eisernen Stabe weiden, und zuletzt wird
er den Morgenstern bekommen. Was denken nun die Heiden, da dem Sieger die Macht
gegeben wird, sie mit dem eisernen Stabe zu weiden? Die Heiden denken zuerst
ähnlich wie der Mann, der zu Moses sagte: “Wer hat dich zum Aufseher oder
Richter über uns gesetzt?” (2. Mose 2,14) Die Heiden sagen wie die ungerechten
Weingärtner: “Wir wollen ihn nicht als Herrscher haben.” Aber wie lange wehren
sie sich dagegen? Am Ende werden sie dann doch von dem Sieger unterjocht, der
sie mit dem eisernen Stabe weidet. Da der Sieger kommt, können sie nicht
fliehen, obschon sie gern fliehen möchten, wenn der Sieger sie mit dem eisernen
Stabe weiden will. Einige wehren sich so heftig, wie sie es nur durch die Kraft
des Erzfeindes können. Sie können aber keinen Krieg führen, da der große
Kriegsheld kommt und gegen sie mit dem Schwert des Mundes kämpft. Einige
Kriegsknechte haben ein geröstetes Schwert, aber der große Kriegsheld hat sein
Schwert im Mund, dieses zweischneidige Schwert, das durch Mark und Bein geht.
Der Erzfeind hat jedoch den Heiden Panzer geschmiedet, damit das zweischneidige
Schwert nicht hindurch gehen kann. Sie haben eine harte Stirn und ein
verhärtetes Herz; sie können die Züchtigung nicht dulden. Der große Kriegsheld
hat aber einige Heiden besiegt, die er nun mit dem eisernen Stabe der Liebe
weidet. Er hat auch versprochen, daß derjenige, der für ihn treu kämpft und
siegt, die Heiden mit dem eisernen Stabe weiden soll; und der Morgenstern, der
ein Zeichen der himmlischen Ehre ist, wird ihm an die Brust gegeben.
Aber die Heiden
können nicht glauben, daß denen, die tapfer für den Heiland kämpfen, noch so
eine Auszeichnung an die Brust geheftet wird. Die Heiden vermuten, selbst eine
Auszeichnung zu bekommen - und nicht die Christen. Da die Heiden tapfer für den
Fürst der Welt kämpfen, so glauben sie, daß sie eine Ehrenkrone bekommen. Sie
werden aber eine brennende Krone erwerben, da ihre ehemalige Lebensweise an
ihrem Gewissen nagt. Sie glauben, daß sie eine Auszeichnung an die Brust
geheftet bekommen, da sie für den Feind kämpfen, aber sie werden ein
schändliches Brandzeichen erhalten, da der Erzfeind ihnen das Brandzeichen des
Mörders, des Diebes oder des Ehebrechers mit dem Brandeisen auf die Stirn
einbrennt. Sie erhalten das Brandzeichen des Tieres an die Brust.
So geht es mit
den Kriegsknechten, die für den Feind kämpfen und vermuten, von dem Gott der
Welt Lob und Ehre zu bekommen; sie werden mit Schande und Verdammung in der
Hölle belohnt. Jene, die für den Feind kämpfen, leben ehrenhaft in der Welt.
Hier werden sie mit dem Gift des Drachens belohnt, so daß ihr Gewissen dick wie
eine Ochsenhaut verhärtet ist. So ein Gewissen fühlt nichts anderes als das
Feuer der Hölle.
Aber die Engel
Michaels, die für die Wahrheit kämpfen, sollen die Heiden mit dem eisernen
Stabe weiden, und der Morgenstern, der ein Zeichen der himmlischen Ehre ist,
wird ihnen an die Brust gegeben, woran man die Untertanen des Reiches Christi
erkennt. Denn so sagt der Erste und der Letzte, der A und O., Anfang und Ende
ist: “Und wer da überwindet und hält meine Werke bis ans Ende, dem will ich
Macht geben über die Heiden, und er soll sie weiden mit dem eisernen Stabe, und
ich will ihm geben den Morgenstern.” Dieser Stern ist eine Auszeichnung. Er
geht vor der Sonne auf, wenn die Morgenröte aufzieht. Daran können die
Nachtwächter erkennen, daß der Tag anbricht und die Nacht beleuchtet, die dem
an der Kerze sitzenden Nachtwächter lang geworden ist, der sehnend auf die
Morgendämmerung wartet. Es sind zwar nicht viele, die jetzt wach sind; sogar
die Erweckten werden schläfrig, so daß sie nicht neben der Kerze wachen können,
bis der Morgenstern aufgeht, der ein Zeichen des Lichtes und der Auszeichnung
ist.
Wenn nun eine
Stadt in Brand geriete, gäbe es keinen Nachtwächter, der riefe, daß es brennt.
Und wenn Diebe in die Stadt kämen, gäbe es keinen Nachtwächter, der vor den
Dieben warnen würde: “Die Diebe kommen, beeilt euch und nehmt sie fest.” Und
die bellenden Hunde fehlen auch.
Es gibt nur
wenige Seelen, die noch in der seligen Hoffnung warten können, daß der
Morgenstern bald am Himmel aufgeht; daß die Morgendämmerung bald anbricht; daß
die Sonne, die hinter der schwarzen Erde ist, nach kurzer Zeit aufgeht und den
Reisenden klar scheint, obwohl die Heiden in voller Finsternis sind.
Wir lesen im
heutigen Evangelium, daß ein unbekannter Stern den Wanderern erschien, die aus
der Ferne kamen, um den neugeborenen König der Juden zu suchen. Ist dieser
wunderbare Stern immer noch am Himmel, um von da jenen zu leuchten, die aus der
Ferne nach Bethlehem kommen? Es sind zwar viele Sterne vom Himmel gefallen. Der
schwarze Drache hat den dritten Teil von den Sternen des Himmels auf die Erde
gefegt. Aber der Morgenstern, der Reisende nach Bethlehem führte, sollte noch
am Himmel sein, damit diejenigen, die nach Bethlehem reisen, ihn sehen, wenn
sie nicht bereits zu lange wach gewesen sind, so daß der Schlaf der Sünde ihre
Augen zugedrückt hat. Wir haben gesehen, daß einige Nachtwächter schon ermüdet waren,
und einige Reisende sind zu Boden gesunken; einige Wächter auf der Mauer Zions
sind zu müde, um zu rufen: “Wie vergeht die Zeit!” [...] Alle Nachtwächter sind
jedoch noch nicht eingeschlafen. Der Teufel [...] kann sich nicht darüber
freuen, daß alle Reisenden, die in der Wildnis rufen, eingeschlafen sind, denn
ich bin völlig davon überzeugt, daß einige schon Bethlehem erreicht haben, und
einige reisen kontinuierlich dorthin, obwohl das Reisen nur langsam vorangeht.
Der wunderbare
Stern leuchtet noch den Reisenden, die aus der Ferne nach Bethlehem gegangen
sind, um den neugeborenen König der Juden zu suchen. Der Stern leitet sie zu
der rechten Stelle. Es ist der Morgenstern des Heilands, der vor der Sonne
aufgeht, und er gilt jenen als Wegweiser, die aus der Ferne nach Bethlehem
reisen.
Ihr Weisen aus
dem Morgenland und ihr, die ihr nach Bethlehem reist! Verliert nicht diesen
Stern aus den Augen, sondern betet zu dem Vater des Lichts, der dieses euch
offenbart hat, daß dieser Stern immer am Himmel den Menschen und euch auf dem
rechten Weg leitet. Betet, daß ihr wachet und diesen klaren Stern anschauen
könnt, der vor euch hergeht, und denen zum Wegweiser gegeben ist, die in der
Nacht wachen und nach Bethlehem reisen. Wenn dieser Stern vom Himmel fiele, so
würdet ihr umsonst wachen und wandern; ihr würdet nie erfahren, wo der Weg ist,
der nach Bethlehem führt. Beugt eure Knie, ihr müden Wanderer, und ruft so hoch
in der Wildnis, daß der Vater des Lichts euer Seufzen hört! Betet, daß er mit
dem am Himmel leuchtenden Morgenstern euch zum richtigen Weg führt. Höre das
Gebet aller Reisenden, die ihr das Heimatland verlassen habt und losgefahren
seid, um den neugeborenen König der Juden zu suchen, du Vater unser im
Himmel...
Evangelium Matth.
2,1-12
(1) Als Jesus
geboren war in Bethlehem in Judäa zur zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen
Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: (2) “Wo ist der
neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und
sind gekommen, ihn anzubeten.” (3) Als der König Herodes hörte, erschrack er
und mit ihm ganz Jerusalem, (4) und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester
und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus
geboren werden sollte. (5) Und sie
sagten ihm: “In Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den
Propheten (Micha 5,1): (6) ‘Und du, Bethlehem im jüdischen Lande, bist
keineswegs die kleinste unter den Städten in Juda; denn aus dir wird kommen der
Furst, der mein Volk Israel weiden soll.’” (7) Da rief Herodes die Weisen
heimlich zu sich und erkundete genau von ohnen, wann der Stern erschienen wäre,
(8) und schickte sie nach Bethlehem und sprach: “Zieht hin und und forscht
fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr es findet, so sagt mir es wieder, da ich
auch komme und es anbete.” (9) Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie
hin. Und siehe, der Stern, den sie im
Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo
das Kindlein war. (10) Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut (11)
und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und
fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm
Gold, Weirauch und Myrrhe. (12) Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wieder zu
Herodes zurückzukehren; und sie zogen auf einem anderen Weg wieder in ihr Land.
Unter Anleitung
unseres heiligen Evangeliums wollen wir nun untersuchen, wie Gott durch den
Stern die Heiden zu Jesus leitet.
Erste
Untersuchung: Wo sind die Heiden, als der Stern sich zeigt?
Zweite
Untersuchung: Wie finden sie endlich Jesus?
Wenn doch nun
alle Weisen des Morgenlandes aus der Ferne losgingen, um den neugeborenen König
der Juden zu suchen! Wenn doch nun alle Augen so klar würden, damit sie den
Stern sehen, der die Reisenden nach Bethlehem leitet! Es ist nicht zu erwarten,
daß alle den Stern sehen werden, da auch die vornehmsten Bibelforscher nicht
sehen können, was es mit dem Stern auf sich hat. Wie können diejenigen den
Stern kennen, die nie zum Himmel schauen, sondern nur auf die Erde,
gleichgültig ob es Tag oder Nacht ist? Darum erreichen diese Armen nie
Bethlehem.
Erste
Untersuchung: Wie weit sind die Heiden von Bethlehem entfernt, da der Stern des
Heilands erscheint? Einige vermuten, daß Bethlehem nicht weit vom Lande der
Heiden ist, insbesondere solche, die sowohl am Tage als auch in der Nacht
schlafen. Sie glauben, daß der Mensch an einem Tage Bethlehem erreicht. Jene,
die diesen Weg gewandert sind, haben jedoch vermutet, daß die Entfernung aus
dem Land der Heiden, woher die Weisen kamen, nach Bethlehem wenigstens 300
Meilen (1 Meile = 7500 m) beträgt. Es ist also nicht eine so winzige Strecke,
wie einige Heiden meinen. Einige Heiden denken überhaupt nicht an die
Entfernung und sagen: “Wir werden ebensogut wie die Weisen Bethlehem
erreichen.” Wer weiß, wieviele Bethlehem erreichen? Ich fürchte, daß die
Heiden, die nicht sofort losgehen, wenn der Stern aufleuchtet, im Land der der
Heiden sterben werden. Dieser Stern des Heilands hat schon lange am Himmel
geleuchtet, aber viele sind im Gegensatz zu den Weisen noch nicht losgegangen.
Und wie können die anderen, die nicht zu den Weisen und Sternforschern gehören,
diesen wunderlichen Stern entdecken? Einige Heiden haben die Fackel des Teufels
im niedrigsten Himmel leuchten gesehen und haben gerufen: “Siehe, da ist der
Stern des Heilands!” Da der Erzfeind Kienholz und trockenes Holz anzündet,
glauben blinde Heiden, daß es ein frühes Licht ist, das über der Welt leuchtet.
Und es ist wahr, daß die Fackel des Teufels ein großes Feuer ist, das über alle
Welt leuchtet, so daß die Heiden klar den breiten Weg in die Hölle wandern
können. Aber der Stern des Heilands ist so klein, daß niemand ihn mit den
natürlichen Augen sehen kann. Aber die Sternforscher sehen ihn doch am Himmel und
können daher erraten, daß ein mächtiger König geboren ist, der die Heiden mit
dem eisernen Stabe weiden wird. Und sofort wollen die Weisen den neuen König
sehen, aber sie wissen auch, daß der Weg dorthin lang und mühsam ist. Sie gehen
jedoch los, da der Wille des Herzens in ihnen brennt, den König von Judäa zu
sehen. Und der Stern des Heilands geht vor ihnen her, denn er kann sich
bewegen. Er steht nicht wie der Polarstern immer an derselben Stelle.
Da nun die Weisen
des Morgenlandes losziehen, so müssen sie sich von allen Freunden der Welt, von
den Freunden im Saufen, im Ehebrechen, im Handel und in der Vergnügung trennen.
Sie müssen Abschied nehmen von ihren lieben Eltern, Ehepartnern und Kindern,
wie schwer es ihnen auch fällt, Verwandte und Nächste in der Welt zu verlassen,
da sie nicht wissen, ob man sie noch einmal wiedersieht. Vielleicht flehen die lieben Eltern sie noch
an, und die lieben Ehepartner umarmen sie, weinen und sagen: “Liebe Brüder und
Schwestern, verlaßt uns nicht in dieser finsteren und unglücklichen Welt! Geht
nicht so weit, um den neugeborenen König zu suchen, da wir hier im Heimatland
wohl leben, da wir Branntwein und Brot genug haben.” Dann antworten die Weisen:
“Wir müssen dieses düstere Heidenland verlassen; uns ist ein merkwürdiger Stern
erschienen, welcher anzeigt, daß der himmlische König geboren ist.” Und die
Weisen ihrerseits umarmen ihre Freunde und Kinder, weinen und sagen: “Liebe
Eltern, Brüder und Schwestern, geht mit uns nach Bethlehem! Bleibet nicht in
dieser düsteren und elenden Welt, wo ihr weder richtige Freude noch richtiges
Vergnügen habet. Der Tod lauert auf jedem Schritt, den ihr auf dieser sündigen
Erde geht. Darum denkt nach, in welch gefährlichem Zustad ihr hier wandert.
Geht bald los und folgt uns nach Bethlehem, liebe Brüder und Schwestern! Da
können wir vor dem großen König und Kreuzträger knien und ihn anbeten, der
seine lieben Arme von der Krippe den müden Wanderern reicht.” Aber die
Verwandten im Heidenland sagen: “Wir folgen euch nicht.” Und dann müssen sie
sich trennen und sagen: “Lebt wohl, alte Freunde der Welt, Freunde im Saufen
und in der Hurerei!” Und die Elenden bleiben auf der Weide der Welt und lästern
jenen nach, die losgehen.
Zweite
Untersuchung: Wie finden die Heiden schließlich Jesus? Da kommen die Weisen
nach einer langen Wanderung nach Jerusalem, wohin sie wegen ihrer Unwissenheit
geraten sind. Sie vermuten nämlich, den König des Himmels in der Hauptstadt und
im königlichen Schloß zu finden. Aber Gott läßt sie irre gehen, damit sie eine
bessere Kenntnis vom himmlischen König empfangen. Und als sie endlich nach
Jerusalem kommen, so beginnen sie zu fragen: “Wo ist der neugeborene König der
Juden? Wir haben seinen Stern im Morgenland gesehen und sind gekommen, ihn
anzubeten.” Bei dieser Frage staunte der König und die ganze Stadt Jerusalem,
da niemand in der Stadt daran dachte, daß die Heiden so eine Botschaft bringen
würden, obwohl in der Schrift steht, daß die Heiden, die nie Gott gesucht noch
gekannt haben, aus der Ferne kommen sollen, während das Volk Gottes, dessen
Angehörige zwar dem Namen nach Christen waren, ihn nicht finden würde. Diese
Namenschristen hatten alle Ursache, erstaunt zu sein, denn selbst der König
hatte seinen Schwiegervater, seine Frau und zwei Söhne ermordet und in seiner
Grausamkeit mehrere tausend Menschen vernichtet. In dieser Stadt befanden sich
viele hohe Priester, die das Evangelium vom zukünftigen Heiland predigten. Aber
sie predigten es ganz verkehrt, da sie die Weissagungen der Propheten über den
Heiland in der Weise der Welt auslegten. Sie tadelten nicht die Menschen - wie
es die Propheten getan hatten -, sie tadelten nicht das Volk wegen seiner
Sünden und seines gottlosen Lebens. Sie versprachen vielmehr allen, und
besonders sich selbst, Glück und
Seligkeit im Reich Christi. In der Stadt Jerusalem befand sich auch
gottloses Volk: Ehebrecher, Diebe, Säufer, Branntweinhändler, Flucher und
Raufbolde. Gier und Selbstgerechtigkeit waren ihre liebsten Sünden; sie hatten
prächtige Kleider und prachtvolle Zimmer. Sie führten allerdings nicht ein so
schreckliches Leben, wie es erzählt wird, wenn man es mit dem Leben der Heiden
heutzutage in den Städten und Dörfern vergleicht. Man hörte dort nicht wie
hierzulande den Lärm der Besoffenen, das Fluchen und das Getöse der Schlägereien.
Eine Ehebrecherin wurde zwar zum Heiland gebracht, aber man hört nichts von
außerehelichen Kindern. Die Menschen damals waren fleißige Kirchgänger. Sie
kamen dorthin aus der Ferne, und im Gegensatz zu heute war das Brechen des
Sabbaths unbekannt.
Im Leben waren
die Einwohner von Jerusalem untadliger als die Gottlosen hier. Und doch
staunten sowohl der König als auch das Volk, als die Botschaft kam, daß man den
Stern des Heilands im Osten gesehen habe.
Die Gottlosen
hier staunen nicht, obwohl man den Stern des Christentums am Himmel gesehen
hat. Sie können aber doch die Wahrheit verspotten, so daß man meinen muß, daß
ihr Gewissen dicker verhärtet ist als das Gewissen des Herodes oder der Juden,
die erschraken, als das Licht des Christentums aufflammte.
Laßt uns nun
anschauen, was der irdische König machte, als er erfuhr, daß der Stern Christi
erschienen sei. Er staunte zunächst. Dann fing er an, sich zu fürchten. Wenn
der König in die Welt gekommen wäre, würde er ihm die Macht und Ehre als
Herrscher wegnehmen. Dann fragte er die Priester, wo Christus zur Welt kommen
sollte. Der König hatte selbst die Schrift nicht untersucht. Darum mußte er die
Priester in geistlichen Dingen befragen. Und die Priester wissen sicher, wo
Christus geboren wird. Aber sie gehen nicht nach Bethlehem, um Jesus zu sehen.
Sie predigen nur laut die Schrift von der Geburt Jesu in Bethlehem, so daß auch
die Weisen besser über ihr Ziel unterrichtet werden. Der König fragt nun die
Weisen, wann ihnen der Stern Christi erschienen sei, damit er auch komme, um
den neuen König anzubeten. Der König mag aber eine andere Absicht gehabt haben.
Wir wissen, daß die Herren dieser Welt ihn nicht anbeten, sondern töten
wollten. Sie fürchteten nämlich, daß Christus kommt, um die Heiden mit dem eisernen
Stabe zu weiden. Dies bedeutet aber, daß sie ihre Macht verlieren würden.
Wir haben
gesehen, wie die Herren der Welt die Weisen danach fragten, wie und zu welcher
Zeit der Stern des Heilands ihnen erschienen war. Sie sagen zuerst, daß auch
sie Christus anbeten wollen. Nach kurzer Zeit wird jedoch deutlich, was sie
eigentlich beabsichtigten: sie wollen Christus töten und das Christentum
vernichten, bevor es anfängt, sich zu verbreiten. Zu diesem Zweck erkundigte
sich der König, wann der Stern erschienen war.
Aber auch die
große Stadt des Verderbens wird staunen, wenn ihre Einwohner hören, daß der
Stern des Heilands erschienen ist. Und warum staunen sie? Weil, wenn im Leben
und Glauben der Menschen eine Änderung durch das Christentum erfolgt, die
Branntweinhändler verarmen, die Huren können keine Unzucht mehr treiben und die
Säufer nicht mehr Drachengift trinken. Es wird mit dem Tanzen und Spielen ein
Ende haben, es wird Schluß sein mit aller Freude der Welt. Die Knechte des
Teufels zürnen Christo, der den alten Glauben der Juden und Heiden verdorben
und das Christentum für die Welt geschaffen hat. Siehe, darum werden die Leute
in der Stadt des Verderben staunen, wenn sie hören, daß man den Stern des
Heilands gesehen hat.
Schlimmer ist es
aber, daß die Herren der Welt nicht wissen, wer eine so große Veränderung veranlassen kann. Sie wissen nicht, wer
Christus ist und wer nicht. Wenn sie wüßten, wer Christus ist, so würden sie
ihn sicher töten, da sie Christus weder für einen Heiland noch Gott halten. Sie
halten ihn vielmehr für einen falschen Propheten und Volksaufwiegler. Deswegen
wissen die Herren der Welt nicht, wer Christus ist. Der Teufel hat ihre Augen
geblendet, so daß sie ihn nicht erkennen. Und das blinde Volk folgt ihren
Herren in der Finsternis der Welt. Wenn Herodes geglaubt hätte, daß Christus
der Sohn Gottes und der Heiland der Welt ist, so hätte er ihn nicht töten
wollen. Er glaubte aber, daß aus Christus ein irdischer König werde, der seine
königliche Macht übernehmen will, und darum wollte er ihn töten. Und wenn die
Juden geglaubt hätten, daß Jesus der Sohn Gottes ist, so würden sie ihn
ebenfalls nicht töten wollen. Aber sie hielten ihn für einen falschen Propheten
und Volksaufwiegler, und darum verklagten sie ihn vor dem Landpfleger.
Wenn nun die
Gottlosen glaubten, daß diese Erweckten Christen sind, so würden sie nicht
wagen, sie zu lästern und zu hassen. Aber so wie die Pharisäer und
Schriftgelehrten Jesu den Nazarener als [falschen Messias] betrachteten, so
halten es auch die Gottlosen, die unter uns sind. Darum wollen die Gottlosen
nicht den Christen nach Bethlehem folgen, sondern sie wollen vielmehr in der
Stadt des Verderbens bleiben. Der Feind hat ihre Augen so verdreht, daß sie das
Christentum nicht kennen. Der Gott dieser Welt hat das Wissen der Ungläubigen
so verdreht, daß sie der Lüge glauben müssen.
Da also die
Erweckten sagen: “Wir sahen den Stern unseres Heilands”, erstaunen die
Gottlosen zuerst. Sie fürchten sich davor, daß Christus sie mit dem eisernen
Stabe weiden wird. Aber dann stehlen sie Gott die Gnade und sagen: “Wir haben
den Vater, Gott, wir sind nicht außer der Ehe geboren.” Und so bleiben sie in
der Stadt des Verderbens, sowohl die Priester als auch die Leviten, Gnadendiebe
und sittlichen Menschen, Säufer und Branntweinhändler, Huren und Diebe. Sie
folgen nicht den Weisen, um knieend Christus anzubeten.
Dritte
Untersuchung: So müßt ihr allein, ihr Weisen des Morgenlandes, nach Bethlehem
ziehen, die ihr das Heimatland wegen Christi verlassen habt. Ihr müßt nun die
Priester und Leviten und alle Freunde der Welt in Jerusalem verlassen und
allein losgehen, um nach dem neugeborenen König unter der Leitung des klaren
Sterns zu suchen, der euch leitet und den Weg zeigt, wie düster auch die Zeit
ist. Wie nebelig und dick die Luft auch sei, ihr werdet doch den Weg zur Krippe
des Stalls finden, wo der Heiland der Welt liegt. Ihr sollt, ihr Wanderer, euch
nicht an den Rand des Weges zu legen und zu warten, bis die Priester und der
König nachkommen. Wer weiß, was sie Übles im Sinne haben? Sie dürften Übles vom
Heiland denken, obwohl sie sagten: “Ziehet hin und forschet fleißig nach dem
Kindlein, daß ich auch komme und es anbete.” Wer weiß, was so ein König im
Sinne hat, der sagt: “Ich komme auch und bete es an.” Er dürfte einen geistlichen
Haß im Herzen und Mordgedanken haben,
obwohl dürfte einen geistlichen Haß im Herzen und Mordgedanken
haben, obwohl er sagt, daß er Christ
werden will.
Wir haben nachher
gesehen, daß mancher König und Herr der Welt gesagt hat, daß er kommen will, um
vor Christus zu knien. Diese [Könige] haben aber unschuldige Kinder und
Neugeborene wegen Christi ermorden lassen. Was für ein Christentum vertritt ein
Mensch, der sagt, daß er an Jesus glaubt und ihn doch töten will? Und da er
nicht weiß, wer Christus ist, tötet er wahllos unschuldige und neugeborene
Kinder.
Sagt nicht so
einem Mörder, ihr Weisen, wer Christus ist. Teilt nicht mit, wer Christ ist,
sondern sagt nur Maria, der Mutter Jesu, und Josef, daß ihr aus der Ferne vom
Heidenland losgegangen seid, um nach dem neugeborenen König zu suchen und vor
ihm zu knien. Und der Stern des neuen Königs ist euer Leiter gewesen. Sagt
Maria, daß ihr wegen Christi alle lieben Freunde und [Verwandte] verlassen
habt. Ihr habt alle Freunde im Saufen und Unzuchttreiben verlassen. Ihr habt
die Eltern und die Kameraden in der Sünde verlassen, die euch früher lieb
waren, deren Gesellschaft aber euch zu einem Greuel geworden ist. Darum seid
ihr aus der Ferne losgegangen, um den neugeborenen König zu suchen. Und ihr
werdet nicht bereuen, ihr Wanderer, daß ihr so viele Nächte während der Reise
gewacht habt und so viele gefährliche Wege gewandert, durch so viele Stürme und
durch die Finsternis gegangen seid und eine so große Mühe auf dem Wege erlitten
habt, da ihr endlich Bethlehem erreichtet. Hier könnt ihr mit Freude den
Heiland der Welt begrüßen, der von der Krippe des Stalls aus seine lieben Arme
den müden Wanderern reicht, obwohl die alten Freunde und Kameraden in der Sünde
euch verhöhnt und die eigenen Verwandten gehaßt haben und als Verrückte
betrachteten, als ihr aus dem Heidenland aufbrachet, um nach vielen Mißerfolgen
und nach großen Mühen den Heiland zu finden. Aber erinnert euch daran, ihr
Wanderer, daß diese Mühe und Mißerfolge, die ihr auf dem Wege gelitten habt,
nichts sind verglichen mit der Freude und Seligkeit, die ihr nun fühlt, wenn
ihr am Ende den Herrn seht und eure Gaben opfern dürft, nämlich Gold und
Weihrauch, das heit Speisopfer.
Und nun, ihr
wenigen Seelen, die ihr den Stern des Königs gesehen habt und unter der Leitung
des Sternes aus der Ferne losgegangen seid, um den neugeborenen König der Juden
in Bethlehem zu suchen! Ermüdet nicht auf dem Wege, bevor ihr das Ziel
erreicht, wo ihr den neugeborenen Heiland trefft, weshalb ihr die liebe Welt
und alle lieben Kameraden in der Sünde verlassen habt! Viele sind losgegangen,
wie ihr wißt, aber einige sind auf dem Wege müde geworden und einige sind zum
Heidenland zurückgekehrt. Andere sind in der Stadt Jerusalem geblieben. Und die
Weisen des Morgenlandes, die zurückkehren, können nie den neugeborenen König
sehen. Und jene, die auf dem Wege müde werden, werden ein Fraß für allerlei
Raubtiere.
Aber die wenigen
Seelen, die dem himmlischen Stern folgen und unter seiner Leitung in der Nacht
wandern - wie finster die Zeit auch wäre - und genau den klaren Stern am Himmel
sehen, der vor ihnen geht, nur diese Wanderer erreichen Bethlehem. Sie finden
den neugeborenen König zu Judäa im Stall auf Heu und Stroh liegen, im Schoß der
armen und verachteten Maria. Er reicht den müden Wanderern, die in der Nacht
gewandert sind, seine reinen, weißen und unschuldigen Hände, während die Heiden
im Schlaf der Sünde schlafen. Opfert nun, ihr Weisen vom Morgenland, opfert dem
König das Gold des Herzens, Weihrauch und Myrrhe, das heißt, Dank, Ehre und Lob
sei dem König der Könige, jetzt und ewig.
Amen.